1999 Raus aus seinen Kleidern, Off-Text

Also, ich finde es unheimlich wichtig, sich wohlzufühlen in seinen Anziehsachen, ich trage meine Klamotten deshalb auch nur einmal, es sei denn, es war so ein richtig schöner Tag, den ich gern in Erinnerung behalte, dann kommt das auch mal vor, daß ich die Sachen anbehalte, aber nach zwei Tagen ziehe ich spätestens was Neues an, was ganz frisch ist.

Aufpassen muß man, je älter man wird, finde ich, ab achtzehn, würde ich sagen, ist es wichtig, mit seiner Wäsche richtig umzugehen. Ich bin jetzt dreiunddreißig geworden und ich mach da eigentlich auch immer mehr für, also es steigert sich echt und es tut mir einfach total gut.

Ich hab eben auch mal eine Phase gehabt, wo ich so ein bißchen geschluddert hab, aber mittlerweile hab ich gemerkt, wie wichtig das ist und ich kann dann meine Freizeit ganz anders genießen, weil ich mich wohlfühl und das ist wichtig und deshalb nehme ich das dann auch in Kauf, wenn das ein bißchen Zeit kostet.

Das ist dann auch manchmal schon das Problem, der Zeitfaktor, gerade so für einen Partner, weil das einfach Zeit wegnimmt und es ist unangenehm, wenn ich sagen muß, ich hab heut abend keine Zeit, ich muß was machen für die Wäsche, das verstehen auch viele Leute nicht und ich merke dann schon, daß mich das in einer anderen Form beschäftigt, als es andere Leute beschäftigt, ja, aber für mich ist es halt wichtig und man muß dann auch irgendwann mal so Prioritäten setzen.

Und die Freunde, die ich hatte, die wollten immer total viel Zeit mit mir verbringen, das war dann eben auch oft ein Problem, ich fand das dann oft viel zu viel, ich finde, dann verliert man auch ziemlich schnell das Interesse aneinander. Also bei einem hatte ich fast den Eindruck, der war regelrecht eifersüchtig auf die Wäsche, was ja völlig absurd ist und der ist mir total auf die Pelle gerückt, das war dann wirklich schon richtig unangenehm und dabei fing es gerade auch sehr nett an mit dem.

Einen anderen Freund hatte ich mal, der war nur an mir interessiert, weil er irgendwie dachte, ich wäre eine gute Hausfrau und der ging dann sogar soweit, zu sagen, das wäre der einzige Grund, weshalb sich Männer für mich interessieren könnten. Also ich weiß bis heute eigentlich nicht, ob er denkt, das wäre ein Kompliment oder nicht, ja und das Komische daran ist auch noch, daß das gar nicht stimmt, also meine Wohnung zum Beispiel, die sieht total chaotisch aus, also man setzt irgendwann halt auch so andere Prioritäten und man weiß einfach dann nach einer Zeit, was einem guttut und was wichtig ist und das mit dem Aufräumen, das steht halt bei mir immer hinten an.

Meine Mutter sagt ja, so wie es bei mir aussieht, da kriege ich nie einen Mann, also ich muß schon sagen, es sieht schon so ein bißchen provisorisch aus bei mir, viele Möbel sind vom Sperrmüll, es gibt auch gar kein Bett, sondern eben nur ein Futon, was auf dem Boden liegt und das findet mein Vater wiederum ganz schrecklich, der sagt ja, es sieht schlimmer aus als im Krieg bei mir, der neigt immer zu Übertreibungen und der will mir immer Geld geben, daß ich mir mal ein Bett kaufe. Und ich gebe halt schon viel Geld aus, aber für andere Dinge. Ich habe ziemlich viele Geräte, technische Geräte, ich habe einen Fernseher, einen Videorekorder, Computer, einen Farbdrucker hab ich mir gekauft, einen Scanner, dafür gebe ich dann einfach Geld aus.

Meine Wohnung ist ja auch teuer, ich habe ja eine riesengroße Dachterasse, aber dafür leiste ich mir halt auch kein Auto und ich nutz den auch wirklich, den Balkon, auch im Winter, kann man das auch, sich schön warm anziehen und mit einem Buch in den Windschatten legen und ich mach das gerne, also mir macht das richtig Spaß und dann kann man mal der Wohnung entfliehen.

Am liebsten hätte ich natürlich gerne einen Mann mit Geld und Kinder, um die sich jemand kümmert, ein Kindermädchen, das ist nur so ein Wunschtraum, daß ich dann noch weiterhin viel Zeit habe für mich. Meine Spezialität sind ja sozusagen Wochenendbeziehungen, da bleibt es lange spannend, man hat genügend Distanz zueinander, man behält einen klaren Kopf und man läßt sich irgendwie nicht zu sehr aufeinander ein.

Ich hab ja schon auch so konkretere Vorstellungen, wie ein Mann zu sein hätte, also zum Beispiel müssen die Beine länger als der Oberkörper sein und die Hände müssen innen schön weich sein, vielleicht jemand, der mit Handschuhen arbeitet, also Handwerker finde ich auch toll, wenn der eben mit Handschuhen arbeitet.

Meine Freundin sagt ja, für sie muß es jemand sein, der mindestens 1.80 groß ist, unbedingt blonde Locken muß er haben und das ist ja eigentlich so ganz praktisch, weil da bleiben einfach nicht mehr so viele potentielle Liebhaber übrig und da ist es dann schon eher ein Problem, wenn man nicht so genau weiß, wie der so auszusehen hat, da sind ja doch dann relativ viele, die in der Gegend herumlaufen und in Frage kommen.

Also, mein letzter Freund, der sah richtig gut aus, nur der war starker Raucher, den konnte ich nur nackt und geduscht in der Nähe ertragen. Das war dann eigentlich auch ganz nett. Zum Glück hat der keinen Trockner benutzt, mit so Leuten komme ich überhaupt nicht zurecht, das ist sozusagen auch eine Maxime von mir, daß ich keinen Mann will, der seine Wäsche in den Trockner tut.

In einem Trockner vermischt sich ja direkt alles mögliche in den Fasern und das spürt man einfach sofort, man kann sich gar nicht wohlfühlen in solchen Anziehsachen. Also das kapiere ich überhaupt nicht, wie man so einen Trockner benutzen kann, wenns da nur um Bequemlichkeit geht, ruckzuck, Wäsche in den Trockner, fertig, dann ja, verstehe ich das irgendwie nicht. Also manchmal versuche ich auch schon mal so Leute drauf hinzuweisen, woran so ein Unbehagen von denen liegen könnte, aber die wenigsten lassen vernünftig mit sich reden, die denken einfach nur, es geht ihnen schlecht und fertig, müssen sie sich mit abfinden und die versuchen gar keinen Grund dafür zu finden.

Ja, und dabei kann man was dran ändern, sich Mühe geben mit der Wäsche, immer welche anziehen, die viel an der frischen Luft gewesen ist und dann siehts gleich ganz anders aus auf der Welt.

Und neulich ist es mir ja auch wieder ganz anders gegangen, da war ich wandern, und obwohl man da ja völlig verschwitzt ist, hab ich nachts in den Klamotten geschlafen, weil ich noch möglichst viel von dem Wohlbehagen haben wollte, dann habe ich aber doch nur Unsinn geträumt. Ja, die Haut, die riecht dann so toll nach Abenteuer, Sonne, Wind, irgendwie so, total toll. Das war dann so ein Moment, da hab ich mich so wohlgefühlt, da wollte ich am liebsten gar nie mehr raus aus meinen Kleidern..