2002 Schloss Solitude, Text von Isabel Herda

 

'Ich bin was besonderes'. Narzisstische Selbstanmaßung, Überheblichkeit aber auch naives kindliches Begehren nach dem Außergewöhnlichen. Corinnna Schnitt lässt diesen Satz in der baroken Umgebung des Schlosses Solitude von einer höfischen Dame im Barockgewand singen. Wer sind wir? Wer wollen wir sein? Auf der Schlosstreppe antwortet ein Männerchor in Polizeiuniform 'Ja, wir lieben dich'. Es entseht ein monotoner und grotesker Wechselgesang, der in der ständigen Wiederholung etwas neurotisches bekommt. In der Reduktion auf zwei Kameraeinstellungen, die streng den beiden Achsen der barocken Archtektur folgen, wird dieser Eindruck noch verstärkt. Dabei bildet die erste Einstellung einen Prolog, in dem ein Kind in die fiktive und inszenierte Szenerie einführt. Am Ende wird der endlose Wechselgesang von einem leerem Linienbus durchkreuzt. Das Banale bricht in die artifizielle Anspannung erlösend und gleichzeitig ironisch ein.

In ihren Filmen und Fotografien erzählt Corinna Schnitt mit scharfer Ironie Geschichten, die um banale, bisweilen ins Absurde gesteigerte Alltagssituationen kreisen. Klischee- und Wertevorstellungen von Familie, Privatheit und individuellem Glück werden dabei gelichermaßen bedient wie hinterfragt. Ordnung, Überschaubarkeit, Sauberkeit einerseits. Beklemmung und Zwanghaftigkeit andererseits. Mit sicherem Gespür für Bildkonstruktion und Wirkung arrangiert Corinna Schnitt ihre Bildwelten: beiläufig und banal, komisch und absurd, dirstanzierend und zugleich vertraut.